Liebe S.,
Erich Fromm, das Bild mit dem Bücherregal im Zimmer meiner großen Schwester, das Licht in ihrem Zimmer, das anders war als das Licht in meinem Zimmer.
So habe ich „Die Kunst des Liebens“, „Haben oder Sein“ damals auf Italienisch in die Hand bekommen: jetzt lese ich die Titeln seiner weiteren Veröffentlichung und sofort weiß ich, es wird eine Fromm-Welle geben, sofort, in meinem Leben. Danke für die Inspiration.
Dir zuzuhören ist ein Genuß. Eine ständige Überraschung. Ich versuche nur dein Sprüdeln immer mal wieder zu bändigen, nicht weil es mir überflüssig vorkommt oder sich falsch anhört. Ich möchte es verlangsamen, aufnehmen, genießen, nichts verpassen. Ich lerne von Dir. Meine Vorstellung von „Lernen“ ähnelt deiner mit dem „Spiegeln“, glaube ich. Es ist eine Begegnung. Ein sich nicht-aneinandervorbei bewegen.
Wir sind im Dialog. Ein Dialog ist ein Thema, dass alle Themen in sich sammeln kann. Einen Raum und einen Rahmen bieten. Orientierung. Eine Landschaft, wo wir unsere Themen einbetten können. So wie eine riesen Märklin Eisenbahn. Oder wie diese Krippenspiele in Italien, die über mehrere Räume sich erstrecken. Mit Hügeln und Bächern und Menschen und Schafen und Sternenhimmel und Licheter und und und. Oder eine Szenografie für ein Theaterstück. Wir bewegen und darin und schauen es gemeinsan vom Außen. Ich bin gespannt, etwas über das dritte Ohr zu lesen. Für mich ist es ein drittes Auge immer mehr nötig. Ich brauche es, um Abstand zu gewinnen, mich dem Sog zu entziehen, mich wieder zu begegnen. Lass uns Peripatetikerinnen werden.
Gestern abend habe ich prompt bei meinen Nussfreunden gegessen.
Begehren und Carolin Emcke. Das passt zusammen.
M.